Der blinde Fleck

26.01.2016

Manchmal werde ich gefragt: Was ist denn der blinde Fleck überhaupt? Viele kennen das Thema aus dem sogenannten JoHari-Fenster, welches aufzeigt, warum Feedback so wichtig ist. Nur mithilfe von Feedback können wir den bilden Fleck aufhellen.

Als blinde Flecken bezeichnen wir im Allgemeinen Merkmale, Eigenschaften und Empfindlichkeiten, die ich von mir selbst nicht weiß, die andere an mir aber durchaus wahrnehmen. Dies ist die übertragene Bedeutung.

In der Sinnesphysiologie ist der blinde Fleck eine im Experiment einfach nachzuweisende Eigentümlichkeit unserer visuellen Wahrnehmung. Dieser optische blinde Fleck unseres Sehnervs lässt sich erlebbar machen, indem man ein weißes Blatt Papier nimmt und einen blauen und einen roten Punkt, mit einem Abstand von gut zehn Zentimetern, darauf malt. Nimm das Papier in die Hand, halte dir das linke Auge zu und schaue mit dem rechten Auge auf den linken Punkt. Wenn du jetzt diese Karte vom Gesicht weg- oder darauf zubewegst, dann wirst du bemerken, dass, obwohl du den linken Punkt anvisierst, dennoch auch den rechten Punkt siehst – sozusagen „im Augenwinkel“. Aber an einer bestimmten Stelle ist der rechte Punkt plötzlich verschwunden. (Andersherum funktioniert das Ganze natürlich auch, wenn man sich das rechte Auge zuhält und mit dem linken Auge auf den rechten Punkt schaut, dann verschwindet bei einem bestimmten Abstand vom Gesicht der blaue Punkt und die Fläche wird weiß.) Diese Stelle ist genau der blinde Fleck, an dem unser Sehnerv nichts sehen kann. Das Tückische an der Sache ist aber, dass du an der Stelle, wo der rechte Punkt ist, nicht ein „schwarzes Loch“ siehst, sondern eine weiße Fläche, genauso wie die Fläche um diesen Punkt herum. Unser Gehirn irritiert uns also zusätzlich dadurch, dass es das Bild ergänzt. Wir glauben, dass die Fläche weiß ist, obwohl sie tatsächlich rot ist.

Im übertragenen Sinne ist dies auch ein Grund dafür, warum es sinnvoll ist, Gegebenheiten aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten – denn sobald du das Papier nach links, rechts, vorn oder hinten verschieben, taucht der rote Punkt sofort wieder auf. Perspektivwechsel helfen also immer, die eigene Wirklichkeit besser zu verstehen: Was ich wahrnehme, ist nur ein Ausschnitt, nur meine eigene Wirklichkeit und nicht allgemeingültig.

Probiere es einfach einmal aus. Dann wirst du in Zukunft, wenn du mit Feedback oder blinden Flecken zu tun hast, noch sehr viel mehr Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema richten.