Interviews führen

08.05.2023

Ein guter Weg, um Meinungen und Ideen von „der Basis“ zu erhalten, ist die Durchführung von halbstrukturierten Interviews – sie heißen „halbstrukturiert“, weil sie zwar auf einem vorgegebenen Leitfaden basieren, der Schlüsselfragen und das Ziel des Interviews vorgibt, darüber hinaus aber offen sind für flexible weitere Fragen im Gesprächsverlauf.

Die erste wichtige Entscheidung, die der Interviewer vorab fällen muss, ist: Wie vertraulich soll das Gespräch sein? Je nach Vertraulichkeitsgrad empfehle ich 1:1-Interviews bis 1:5-Interviews; dabei ist das 1:1-Interview die sehr persönliche Form, das 1:5-Interview eher ein offenes Gespräch – mit allen Varianten auf der Skala zwischen diesen beiden Positionen. Die zweite Entscheidung betrifft die Zahl der zu befragenden Teilnehmer: Der Interviewer sollte bewusst entscheiden, ob eine Vollerhebung notwendig ist, bei der alle Personen befragt werden, oder ob eine Teilerhebung ausreicht, bei der entweder ein repräsentativer Querschnitt des Gesamtsystems befragt wird oder eine Vollerhebung eines Subsystems erfolgt.

In jedem Fall rate ich dazu, sich der endgültigen Befragung in diesen Schritten anzunähern:

  1. Eine Test-Befragung innerhalb des Interviewteams.
  2. Eine erste echte Befragung, an der das gesamte Interviewerteam oder ein Teil des Teams teilnimmt.
  3. Eine zweite echte Befragung, an der das gesamte Interviewteam oder ein Teil des Teams teilnimmt.
  4. Durchführung der eigentlichen Befragung mit jeweils nur einem Interviewer.

Zwischen den einzelnen Befragungen solltest Du die Gelegenheit nutzen, durch bewusste Retrospektiven den Interviewprozess schrittweise weiterzuentwickeln. Und zu Beginn jedes Interviews machst Du Deinem Gesprächspartner noch einmal klar, worum es geht, warum Du die Interviews durchführst und was mit den Ergebnissen im Anschluss geschieht.

Zudem ist es wichtig, die Auswertung der Interviews zeitnah zu erledigen und die kumulierten Ergebnisse in die Organisation zurückzuspielen. Reserviere dir also für die Nachbereitung entsprechende Zeitfenster.

Durchdringungsgrad

Nehmen wir an, das Interviewteam besteht aus drei Personen, der Vertraulichkeitsgrad ist gering, weil Du Ideen aus der Belegschaft für die Neuentwicklung von Produkten abfragen willst und der Interviewbogen dafür insgesamt fünf Fragen (ca. 30 Minuten) vorsieht. Damit lassen sich dann je Stunde 3 x 5 x 2 = 30 Personen erreichen. Bei einer Systemgröße von 200 Personen kommst Du so innerhalb nur eines Tages mit ALLEN Mitarbeitern in Kontakt.